Postwachstumsgesellschaft, ökologische Transformation, Doughnut Economics, Green Deal – es liegt nicht an den fehlenden Ideen, wenn wir immer noch nicht nachhaltig leben.
Ziemlich viel Einigkeit …
Als Übersetzerin, die sich auf wirtschaftswissenschaftliche Texte spezialisiert hat, beschäftige ich mich viel mit den genannten Konzepten. Dabei fällt mir auf, dass sie in ihren Grundsätzen durchaus übereinstimmen: Die Menschen sollen die vorhandenen Ressourcen besser nutzen und weniger „Unverdauliches“ (Abfälle, Treibhausgase, …) hinterlassen. Gleichzeitig sollen alle Menschen in Würde leben können.
… und ein ideologischer Zankapfel
Trotz dieser Gemeinsamkeiten kommt es zwischen den Anhängern der verschiedenen Konzepte zu hitzigen Diskussionen. Und oft geht es dabei um ein einziges Wort: Kapitalismus.
Sobald die Frage aufkommt, ob sich „der Kapitalismus“ für eine nachhaltige Zukunft eigne, ist es mit der Einigkeit vorbei. Denn der Begriff des Kapitalismus ist aus geschichtlichen Gründen unglaublich aufgeladen. Je nach Ideologie galt und gilt er als Verheißung oder Teufelswerk.
Was ist Kapitalismus wirtschaftswissenschaftlich gesehen eigentlich?
Bei Wikipedia lautet die Definition: „Allgemein wird unter Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt (Marktwirtschaft) beruht.“ (Zugriff: 26.11.2020)
Unter diese Definition fallen so manche „kommunistischen“ Systeme – schon wenn die Tischlerin ihre Säge selbst besitzt und ihre Tische zu einem frei gewählten Preis verkaufen darf.
Wie „kommunistisch“ oder „kapitalistisch“ ein System ist, müsste also anhand einer Skala bestimmt werden. Schwarz und Weiß gibt es bei dieser Frage nicht – auch nicht in den klassischen Wirtschaftswissenschaften.
„Kapitalismus“ einfach mal weglassen
Da der Begriff des Kapitalismus demnach – selbst in den Wirtschaftswissenschaften – extrem unterschiedlich ausgelegt wird, plädiere ich dafür, ihn einfach mal wegzulassen.
Diskutieren wir doch lieber konkret darüber, wie ein zukunftsfähiges System aussehen könnte:
Wir könnten Kosten internalisieren, Umweltzerstörung verbieten, Wasserwerke entprivatisieren, Emissionen beschränken, eine Finanztransaktionssteuer einführen, Firmenimperialismus verhindern, eine Plastiksteuer erheben, Tierwohlstandards erhöhen, … Und das Beste: All dies ist mit demokratischen Mitteln möglich!
Was dabei herauskäme, wäre eine bessere Welt. Ob das System dann noch „Kapitalismus“ heißt – wen interessiert’s? (vielleicht die Wirtschaftswissenschaftler/-innen …)
Schreibe einen Kommentar