Frankreich fährt im Sommer kollektiv in den Urlaub. Im Juli und August läuft gar nichts, und ich weiß, dass meine meisten französischen Kunden in dieser Zeit praktisch nicht zu erreichen sind.
Umso stürmischer verläuft dann der September. Jeder Franzose kommt zum Schreibtisch zurück und findet Unmengen an Texten, die bis gestern übersetzt werden müssen.
Natürlich thematisieren diese Texte oft genau das französische Feriensyndrom. Jedes Unternehmen nutzt nämlich die Gelegenheit, zur rentrée (also zum „Wiedereintritt“ in den Ernst des Lebens) seinen Kunden besondere Angebote aufzuschwatzen.
Doch was passiert, wenn man einen solchen Text übersetzen soll? Dann sitzt man als Übersetzer vor dem Wort rentrée und dem Wörterbucheintrag „Schuljahresbeginn“ und zermartert sich den Kopf, um eine passendere Übersetzung zu finden.
In Deutschland ist ja der Schuljahresbeginn je nach Bundesland unterschiedlich, und er markiert nicht wie in Frankreich die Rückkehr der gesamten arbeitenden Bevölkerung an ihren Schreibtisch. Ganz davon abgesehen klingt „Schuljahresbeginn-Angebot“ nicht gerade verlockend, außer vielleicht es handelt sich um eine Schultüte.
Ich habe aber eine Lösung gefunden, mit der ich ganz gut leben kann. Und zwar habe ich „C’est la rentrée“ (wörtlich übersetzt „Der Schuljahresbeginn ist da“) mit „Die Ferienzeit ist vorbei“ übersetzt und im weiteren Verlauf des Textes geschrieben: „Im absatzstarken Geschäft nach der Ferienzeit …“
Daran sieht man wieder einmal, wie wichtig die sogenannte interkulturelle Kompetenz beim Übersetzen ist. Wenn ein Übersetzer das Konzept der rentrée nicht kennt und nie miterlebt hat, wird er keine passende Übersetzung finden.
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