Ich war vor Kurzem in Wien und kam mir vor wie im Heimatfilm. Zuallererst natürlich wegen der Wiener Mundart, die sich auch im Schriftlichen niederschlägt. Ich fühlte mich um 60 Jahre zurückversetzt, als ich las „Bitte das Licht ausdrehen“ (gibt’s hier noch Drehschalter??).

Man ist hier bürgerlich – und stolz darauf. Dementsprechend wird in Wien viel dafür getan, dass auch das gemeine Volk etwas von der Kultur abbekommt, derer sich die Stadt so rühmt. Während meines Aufenthalts lief gerade das „Filmfestival“. Es werden aber nicht etwa Blockbuster gespielt. Nein, auf einer großen Leinwand auf dem Rathausplatz laufen Opern und Konzerte, während das Volk sich an hochwertigem Fastfood (8 bis 10 Euro pro kleiner Portion) laben darf. Natürlich interessieren die gezeigten Werke die meisten Anwesenden nicht, aber man hat einen Sitzplatz und genießt den lauen Sommerabend.

Auch bei anderen Freizeitaktivitäten zeigt sich eine gewisse Bourgeoisie: In Wien leihen sich ergraute Paare Elektroboote und schippern mit großer Vorsicht über die Donau, damit die Champagnergläser auf dem Armaturenbrett nicht umfallen. In Berlin geht man mit ’ner Pulle Bier an den See …

Es war eine Woche mit Heimatfilm-Atmosphäre, ich habe das kulturelle Angebot sehr genossen und war doch ziemlich erleichtert, als ich wieder Berliner Schnauze statt Wiener Schmäh um mich hatte …

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